Bibliothek Neustadt
Türchen Nummer eins
Ein Esel auf Abwegen
Leise rieselt der Schnee. Der Nikolaus schlendert die Görlitzer Straße entlang und plötzlich begegnet ihm ein Esel.
„Komisch“, denkt der Nikolaus, „Der Kleine sieht ja aus wie ein Stofftier“. Grau, flauschig und mit zitternden Pfoten liegt er im Schnee und schaut sich mit großen Augen um.
„Wo kommst du denn her?“, fragt der Nikolaus besorgt. Schüchtern antwortet der Esel: „Ich wohne eigentlich in der Bibliothek. Aber ein Kind hat mich einfach mitgenommen, auf sein Fahrrad gesetzt und dann bin ich hier runtergefallen. Jetzt finde ich den Weg nach Hause nicht mehr…“ Bei diesen Worten zittert die Stimme des Esels gehörig.
„Da finden wir doch eine Lösung!“ Zuversichtlich deckt der Nikolaus den Esel mit seinem roten Mantel zu und nimmt ihn auf die Arme.
„Also zur Bibliothek gehst du einfach die Louisenstraße weiter vor, bis zur Ampel, dann links auf die Königsbrücker abbiegen. Nach ein paar Schritten stehst du vor so einem bunt angemalten Haus mit einer Till-Eulenspiegel-Figur auf dem Vordach. Du kannst die Bibliothek wirklich nicht verfehlen.
„Danke, mein Guter“, poltert der Nikolaus in seinen Bart und überreicht dem hilfreichen Mann ein Säckchen mit Leckereien.
„Siehst du Benjamin, gleich sitzt du wieder daheim im Warmen.“ Mit diesen Worten machen sich beide auf den Weg durch die Neustadt. Nach wenigen Minuten steht der Nikolaus vor einem Haus, das genau der Beschreibung des Mannes entspricht.
„Hier sind wir richtig!“ Mit dem Esel auf dem Arm betritt er die Bibliothek. Einige Besucher bleiben stehen und schauen ihn erstaunt an. Doch eine Mitarbeiterin an der Information erkennt sofort, wen der Nikolaus da bei sich hat.
„Benjamin!“, ruft sie erleichtert, „Wir haben dich schon überall gesucht. Wo hast du dich nur versteckt?“ Und da erzählt ihr der Nikolaus die Geschichte ihres kurzen, gemeinsamen Abenteuers. Zur Beruhigung aller Nerven lässt er noch einen süßen Gruß da. Dann tritt er hinaus auf die Königsbrücker Straße. Das Schneetreiben hat inzwischen zugenommen. Der Nikolaus zieht seine Kapuze tiefer ins Gesicht und freut sich auf das nächste Erlebnis in der Dresdner Neustadt.
Die Kolleginnen der Bibliothek wünschen allen Neustädter*innen eine besinnliche Vorweihnachtszeit
im Kreise der Familie & Freunde